Grenzgänger und Krankenversicherung in der Schweiz
Sie arbeiten in der Schweiz, wohnen aber in einem anderen Land? Dann unterstehen Sie als Grenzgängerin oder Grenzgänger vielleicht der Schweizer Krankenversicherungs-Pflicht. Hier erfahren Sie mehr.
28.11.2023
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1. Arbeiten in der Schweiz: Krankenversicherungs-Pflicht für Grenzgänger
Eine Versicherungspflicht bei einer Schweizer Krankenkasse gilt grundsätzlich für alle Personen aus dem Ausland, die in der Schweiz arbeiten. Je nach Wohnsitzstaat und Nationalität sind jedoch Ausnahmen möglich – etwa für angrenzende Länder und EU-/Efta-Staaten.
2. Erwerbsortprinzip für Grenzgänger: Was ist das?
Erwerbsortprinzip heisst: Alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger müssen eine Krankenversicherung in ihrem Arbeitsland abschliessen. Ausnahmen gelten für Personen aus dem grenznahen Ausland. Sie haben ein sogenanntes «Optionsrecht». Dazu gehören Arbeitnehmende aus:
Deutschland
Frankreich
Italien
Österreich
Das heisst: Sie dürfen wählen, ob sie sich in der Schweiz oder im Wohnland versichern.
Betroffene des Optionsrechts müssen sich innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Erwerbstätigkeit entscheiden, ob sie sich in der Schweiz oder ihrem Wohnsitzland versichern lassen.
Dazu müssen Sie entweder eine Schweizer Krankenkasse wählen oder ein Gesuch um Befreiung von der Versicherungspflicht bei der zuständigen Behörde des Arbeitskantons einreichen. Wichtig: Sind Sie einmal von der Versicherungspflicht in der Schweiz befreit, können Sie sich nachträglich nicht mehr umentscheiden.
Wohnen Sie in Frankreich, arbeiten in der Schweiz und haben das Optionsrecht? Dann müssen Sie innerhalb von drei Monaten das Formular Choix du système d’assurance-maladie durch die Caisse primaire d’assurance-maladie française (CPAM) visieren lassen.
Möchten Sie sich in der Schweiz versichern, senden Sie es der zuständigen Behörde des Arbeitskantons zurück. Möchten Sie eine französische Krankenversicherung haben, schicken Sie das Formular an Ihre Krankenkasse in Frankreich.
Sind Sie Grenzgängerin oder Grenzgänger mit Staatsangehörigkeit ausserhalb der EU-/Efta-Länder? Dann müssen Sie ein Gesuch stellen, um bei einer Schweizer Krankenkasse versichert zu sein. Sobald Sie den Ausweis G erhalten, müssen Sie das Gesuch innerhalb von drei Monaten einreichen.
Sie können sich später umentscheiden und nachträglich auf die Schweizer Versicherung verzichten. Ein erneutes Gesuch ist danach ohne besonderen Grund aber nicht mehr möglich. Arbeiten Sie nicht mehr in der Schweiz, können Sie sich nicht mehr bei einer Schweizer Krankenkasse versichern.
3. Gibt es eine Versicherungspflicht für nicht erwerbstätige Familienangehörige?
Nicht erwerbstätige Familienangehörige von Grenzgängerinnen und Grenzgängern sind in der Schweiz versicherungspflichtig. Es gibt aber keine Familienversicherung für Grenzgänger in der Schweiz.
Folgende Ausnahmen der Schweizer Versicherungspflicht sind möglich:
Mögliche Befreiung der Versicherungspflicht bei Versicherung im Heimatland: Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Finnland.
Keine Schweizer Versicherungspflicht: Dänemark, Liechtenstein, Portugal, Grossbritannien, Schweden, Spanien und Ungarn.
Es gelten besondere Bestimmungen für nicht erwerbstätige Familienangehörige von Rentnerinnen und Rentnern in Spanien.
Gut zu wissen: Sie haben Kinder und arbeiten als Ehepaar in verschiedenen Ländern? Dann müssen Ihre Kinder im Wohnland versichert werden.
4. Welche Besonderheiten haben die Schweizer Krankenkassen?
Die Schweizer Krankenkassen weisen mehrere Unterschiede zu den Krankenkassen anderer Länder auf.
Das System der «Kopfprämie». Das heisst: Sie zahlen für jedes Familienmitglied eine separate Prämie. Die Höhe der Krankenkassenprämie ist ausserdem unabhängig vom Gehalt.
Die Prämien werden nicht direkt vom Lohn abgezogen. Auch übernimmt nicht der Arbeitgeber einen Teil, wie es zum Beispiel in Deutschland üblich ist. Sie bezahlen die Krankenkassenprämien entweder monatlich oder jährlich per Rechnung. Bei einigen Versicherungen können Sie auch halbjährlich oder vierteljährlich zahlen.
Wer in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, hat aber Anspruch auf eine Prämienverbilligung. Zuständig dafür ist für Grenzgängerinnen und Grenzgänger die entsprechende Stelle Ihres Arbeitskantons.
In der Schweiz wohnhafte Personen können den Anbieter der Grundversicherung jedes Jahr wechseln. Die Kündigungsfrist ist der 30. November.
Auch als Grenzgängerin oder Grenzgänger können Sie die Krankenversicherung wechseln – allerdings nur innerhalb der Schweiz. Die Grundversicherung darf Sie nicht ablehnen.
Lassen Sie sich in der Schweiz behandeln, zahlen Sie eine Kostenbeteiligung.
Die Leistungen der Grundversicherung sind gesetzlich festgelegt. Sie sind also unabhängig von der Prämienhöhe bei allen Anbietern gleich.
Für nicht von der Grundversicherung gedeckte Leistungen können Sie eine Zusatzversicherung abschliessen. Sie können die Grundversicherung und Zusatzversicherung bei verschiedenen Anbietern haben.
Im Gegensatz zur Grundversicherung müssen Sie für eine Schweizer Zusatzversicherung meist Gesundheitsfragen beantworten. Anhand dieser darf die Versicherung Sie für eine Zusatzversicherung ablehnen.
Kein Optionsrecht für Zusatzversicherungen
Bei der Zusatzversicherung haben Sie kein Optionsrecht. Das heisst: Bei Wohnsitz in Deutschland, Frankreich, Österreich oder Italien müssen Sie die Zusatzversicherung in Ihrem Wohnland abschliessen.
Arbeiten Sie mehr als acht Stunden in der Woche beim gleichen Arbeitgeber, sind Sie durch diesen gegen Unfälle versichert. Für Ihre nicht erwerbstätigen Familienmitglieder müssen Sie die Unfallversicherung in Ihrer Krankenkasse mit einschliessen.
Grenzgänger-Krankenversicherung: Kosten im EU-/Efta-Gebiet
Bei einigen Schweizer Krankenversicherern gibt es spezielle Produkte für Personen, die in einem EU- oder Efta-Staat wohnen. Die Höhe der Prämie ist vom Staat und dem Anbieter abhängig. Hier finden Sie eine Übersicht.
Die Prämien für die Krankenversicherung für Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind meist höher als die Prämien für in der Schweiz wohnhafte Personen. Das liegt daran, dass Grenzgängerinnen und Grenzgänger sich sowohl in der Schweiz als auch im Wohnland medizinisch behandeln lassen dürfen.
5. Grenzgänger und Arztbesuch: Was gilt bei Behandlungen?
Grenzgängerinnen und Grenzgänger können sich wahlweise in Ihrem Wohnland oder in der Schweiz behandeln lassen. Das gilt auch für die mitversicherten, nicht erwerbstätigen Familienmitglieder.
Behandlungen in der Schweiz fallen unter die Kostenbeteiligung (Franchise und Selbstbehalt) und den Leistungskatalog der schweizerischen Grundversicherung. Im Wohnsitzland gelten die dortigen gesetzlichen Pflichtleistungen und Kostenbeteiligungen.
Formular S1 für Leistungen im Wohnsitzland
Sie haben eine Schweizer Versicherung und möchten Leistungen im Wohnsitzland auf Rechnung der Schweizer Krankenversicherung beziehen? Dann müssen Sie das sogenannte Formular S1 (früher: Formular E106) ausfüllen und es bei einer Krankenkasse Ihres Wohnsitzstaates einreichen.
Unabhängig von Ihrem Aufenthaltsstatus erhalten Sie bei einer Beschäftigung von mehr als drei Monaten auch bei Krankheit oder Unfall weiterhin Ihren Lohn. Wie viel und wie lange Sie Ihren Lohn bekommen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Einer davon ist, ob Ihr arbeitgebendes Unternehmen eine Krankentaggeldversicherung hat.
Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel zum Thema Krankentaggeld.
6. Ist für Grenzgänger die Krankenversicherung steuerlich absetzbar?
Ob Sie Ihre Krankenkassenprämien steuerlich absetzen können, hängt von Ihrem Wohnland ab.
Grenzgänger-Krankenversicherung: Absetzbar in Deutschland
Wohnen Sie in Deutschland, können Sie einen Teil der Krankenversicherung von den Steuern absetzen. Das hat die Bundesregierung 2009 im Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung festgelegt.
Das gilt jedoch nur, falls durch die Krankenversicherungsbeiträge Ihr Existenzminimum gefährdet ist. Ausserdem gilt das lediglich für die medizinische Grundversorgung der Krankenversicherung. Zusatzversicherungen können Sie nicht absetzen.
Krankenkasse nicht mehr absetzbar in Österreich
In Österreich können Sie die Kosten für die Krankenkasse seit dem Steuerjahr 2021 nicht mehr absetzen. Unter bestimmten Bedingungen können Sie aber Krankheitskosten von den Steuern absetzen.
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 01.09.2022