Was kostet stationäre Psychotherapie?
Die verschiedenen Tarifsysteme für die Abrechnung von Psychotherapien sind für medizinische Laien oft verwirrend. Comparis informiert über die Kosten und Abrechnungsmodelle
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Sowohl bei ambulanter als auch stationärer Psychotherapie können hohe Kosten anfallen. Meistens werden diese Kosten von den Versicherungen übernommen. Im Folgenden erfahren Sie, wie hoch die Kosten sind und in welchen Fällen Ihre Versicherung diese übernimmt.
Was kostet ambulante Psychotherapie?
Patientinnen und Patienten besuchen bei einer ambulanten Psychotherapie regelmässig eine Fachperson. Es findet kein mehrtägiger Aufenthalt am Behandlungsort statt. Aktuell übernimmt die Grundversicherung nur ärztliche und unter ärztlicher Aufsicht durchgeführte Psychotherapie (sogenannte «delegierte Psychotherapie»).
Hier gilt das Tarifsystem TARMED. Bei einer psychologischen Psychotherapie in Zürich liegt der Tarmed-Tarif (Richtwert) bei 133.40 Franken pro Stunde. Bei einer ärztlichen Psychotherapie sind es 184.23 Franken pro Stunde. Gemäss dem Anordnungsmodell werden aktuell bis zu 40 Sitzungen von Ihrer Krankenkasse übernommen. Danach braucht es eine Rücksprache mit Ihrer Versicherung.
Freie psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen, die selbstständig arbeiten und nicht bei einem Psychiater oder einer Psychiaterin angestellt sind, richten sich meist nach der Empfehlung des Fachverbandes FSP. Diese liegt bei 160 bis 180 Franken pro Stunde. Zusatzversicherungen decken einen gewissen Kostenanteil für Psychotherapie von frei praktizierenden Therapiepersonen. Hier finden Sie eine gute Übersicht über die verschiedenen Angebote der Zusatzversicherungen.
Mit Ausnahme von besonders schweren oder chronischen psychischen Störungen kann von einer Therapiedauer von 30 Sitzungen ausgegangen werden. In Zürich kostet demnach
eine ärztliche Psychotherapie ca. 5530 Franken
eine delegierte Psychotherapie ca. 4000 Franken
eine Psychotherapie bei einem freien Therapeuten zwischen 4800 und 5400 Franken.
Ab Juli 2022 gilt das Anordnungsmodell. Psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen können damit auch ohne ärztliche Aufsicht ihre Leistungen über die Grundversicherung abrechnen. Mehr dazu im Artikel Neuregelung 2022.
Was kostet stationäre Psychotherapie?
Stationäre Psychotherapie ist der Aufenthalt in einer Psychiatrie oder Klinik für Psychotherapie.
Das ist notwendig, wenn die ambulante Psychotherapie keine Besserung bringt, oder für intensive Behandlungen. Die stationäre Behandlung in der allgemeinen Abteilung einer Psychiatrie wird durch die Grundversicherung der Krankenkasse gedeckt. Die Deckung für die Halbprivat- und Privatabteilung hängt von Ihrem Versicherungsvertrag ab. Die Klinik holt in der Regel die Kostengutsprache bei Ihrer Versicherung für Sie ein. Die Krankenkasse bezahlt den Klinikaufenthalt für die medizinisch notwendige Dauer.
Die jeweiligen Kosten sind im Vergütungssystem Tarpsy geregelt. Mit der Einführung von Tarpsy wurde eine gesamtschweizerische Tarifstruktur für die stationäre Psychiatrie geschaffen. Das erleichtert den Vergleich von Leistungen, Qualität und Kosten und vergrössert die Transparenz für Behandlungspersonen.
Die Behandlung einer Person mit depressiven Störungen unter 18 Jahren kostet für vier Tage ca. 6'000, für elf Tage ca. 16'000 und für 50 Tage ca. 58'000 Franken. Das beinhaltet alle Leistungen der stationären Psychotherapie. Die Berechnung basiert auf einer Fallpauschale. Diese bezieht das Alter der Behandlungsperson, die Hauptdiagnose sowie den Schweregrad der Symptome mit ein.
Die Grundversicherung der Krankenkasse deckt die Kosten. Voraussetzung ist eine vorläufige Diagnose durch einen Psychiater oder eine Psychiaterin. Ihre Krankenkasse empfiehlt aufgrund der Diagnose eine Kostengutsprache für 30 bis 90 Tage (unterschiedliche Handhabung je nach Versicherung). Bei einer Verlängerung der Behandlung muss vor Ablauf der Therapie ein Verlängerungsgesuch bei der Krankenkasse eingereicht werden.
In der Grundversicherung müssen Sie jedes Jahr zuerst den Franchisebetrag selbst bezahlen. Falls Sie in einem Kanton mit tieferem Referenztarif als im Behandlungskanton wohnen, kann eine Kostendifferenz entstehen. Diese muss eventuell eine Zusatzversicherung decken. Oder Sie müssen sie selbst bezahlen. Die Kosten für eine Begleitperson müssen Sie immer selbst tragen. In St. Gallen zahlt eine Begleitperson beispielsweise 180 Franken pro Tag.
Quellen
Hier finden Sie eine Übersicht über die Leistungsübernahme der Krankenkassen. Bitte informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über Ihre spezifischen Leistungsdeckungen. Ab Juli 2022 ändert sich das Abrechnungsmodell.
Ambulante Psychotherapie
Wenn die Therapie von einem Psychiater oder einer Psychiaterin durchgeführt wird oder ärztlich beaufsichtigt ist (d.h. der psychologische Therapeut oder die Therapeutin ist bei einem Arzt oder einer Ärztin angestellt und arbeitet delegiert).
Stationäre Psychotherapie
Wenn eine vorläufige Diagnose durch einen Psychiater oder eine Psychiaterin erfolgt ist und der Aufenthalt medizinisch notwendig ist.
Ambulante Psychotherapie
Bis zu 40 Sitzungen. Danach muss ein Verlängerungsgesuch bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Stationäre Psychotherapie
Anzahl Aufenthaltstage, die medizinisch notwendig sind, auf der allgemeinen Station. In der Regel erfolgt eine Kostengutsprache für 30 bis 90 Tage. Danach muss ein Verlängerungsgesuch bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Ambulante Psychotherapie
Behandlung durch einen freien psychologischen Psychotherapeuten oder Psychotherapeutin (statt delegiert). Umfang der Deckung abhängig von Ihrer Zusatzversicherung (bis zu 7'000 Franken pro Jahr).
Stationäre Psychotherapie
Behandlung auf der Halbprivat- und Privatabteilung. Abhängig von Versicherungsvertrag. Die Klinik holt in der Regel die Kostengutsprache für Sie ein.
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 10.02.2022