Erwerbsunfähigkeitsversicherung in der Schweiz
Für wen ist eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung sinnvoll? Wann zahlt sie eine Rente bei Erwerbsunfähigkeit? Das Wichtigste zum Thema.

05.01.2023

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1. Was ist eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung?
Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung, auch Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) oder Erwerbsausfallversicherung genannt, springt bei einer Arbeitsunfähigkeit wegen Unfall oder Krankheit ein. Sie wird in Form einer regelmässigen Rente ausbezahlt.
Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung hilft dem oder der Versicherten, den bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten und einer Verschuldung vorzubeugen. Das Eintrittsalter beginnt in der Regel bei 18 Jahren.
Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit sind streng genommen nicht dasselbe. Berufsunfähigkeit bedeutet die Unfähigkeit, einen bestimmten Beruf auszuüben. Ein Hörverlust macht eine Dirigentin berufsunfähig. Sie wird dadurch aber nicht zwingend erwerbsunfähig, weil sie andere Berufe weiterhin ausüben kann. Eine spezifische Versicherung für Berufsunfähigkeit gibt es in der Schweiz – im Gegensatz etwa zu Deutschland – nicht.
Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung zählt zu den Risikolebensversicherungen und ist Teil der privaten Vorsorge (3. Säule). Sie können die Versicherung für Unfall und Krankheit abschliessen oder nur für Krankheit. Zudem können Sie festlegen, ab wann die erste Rente ausbezahlt wird (zum Beispiel nach Ablauf der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber).
2. Wieso macht eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung Sinn?
Bei Erwerbsunfähigkeit springen die schweizerische Invalidenversicherung (IV) und die berufliche Vorsorge (BVG) ein. Die Leistungen aus der ersten und zweiten Säule reichen aber oft nicht aus, um den Lebensstandard aufrechtzuerhalten.
Bei Krankheit sind meist nur bis 60 Prozent Ihres vorherigen Einkommens gedeckt und bei Unfall meist nur bis 90 Prozent.
3. Wie hoch ist die Erwerbsunfähigkeitsrente in der Schweiz?
Die Rente wird ab einer Erwerbsunfähigkeit von 25 Prozent ausbezahlt. Die Höhe der Auszahlung richtet sich nach dem Grad der Erwerbsunfähigkeit.
Liegt eine Arbeitsunfähigkeit von über zwei Dritteln vor, haben Sie Anspruch auf die volle Rentenleistung. Die Auszahlung der Renten erfolgt jeweils viermal pro Jahr nach einer definierten Wartefrist.
Vorteile einer Erwerbsausfallversicherung
Sicherung eines regelmässigen Einkommens
Sicherheit für Angehörige
Höhe und Dauer der Rente individuell wählbar
Schliessung von Vorsorgelücken
Ergänzung der Leistungen der 1. und 2. Säule
Massgeschneiderte Deckung dank Rentenaufschub
Überschüsse können zur Prämienreduktion verwendet werden
Schützt vor Verschuldung
4. Für wen ist eine Erwerbsausfallversicherung geeignet?
Familien
In Familien trifft eine Erwerbsunfähigkeit gleich mehrere Personen. Das gilt sowohl für den Ausfall bei der Lohnarbeit als auch bei der Kinderbetreuung (siehe «Nicht erwerbstätige Personen»). Entsprechend wichtig ist die passende Absicherung.
Selbstständigerwerbende
Selbstständigerwerbende sind nicht automatisch einer Pensionskasse angeschlossen. In diesem Fall haben sie auch keinen Anspruch auf eine Rente und haben entsprechend eine Vorsorgelücke bei einem Arbeitsausfall. Zudem gefährdet ein Erwerbsausfall häufig das Weiterführen des Betriebes und die Erhaltung des Wohneigentums.
Nicht erwerbstätige Personen
Personen, die keiner Pensionskasse angeschlossen sind (zum Beispiel Hausfrauen oder -männer), erhalten bei einem Arbeitsausfall keine Leistungen von der beruflichen Vorsorge. Ein Ersatz in Form einer Haushaltshilfe oder einer Kindertagesstätte wird schnell teuer. Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung springt in diesem Fall ein und zahlt während der Arbeitsunfähigkeit eine Rente aus.
Angestellte
Gerade bei einer längeren Erwerbsunfähigkeit ist die Vorsorge über die 1. und 2. Säule zu gering, um den bisherigen Lebensstandard weiterzuführen. Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung schützt vor einer Verschuldung und schliesst mögliche Einkommenslücken.
5. Beispiel für Rentenzahlungen bei einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent wegen Krankheit
Ein Invaliditätsgrad von 40 Prozent berechtigt zum Bezug von 25 Prozent einer ganzen IV-Rente. Bei der Informationsstelle AHV/IV finden Sie Details zur Berechnung der IV-Renten. Die Leistungen sehen für das Beispiel wie folgt aus:
Ohne Erwerbsunfähigkeitsvers. | Mit Erwerbsunfähigkeitsvers. | |
---|---|---|
IV-Rente / Jahr* | CHF 7’350 | CHF 7’350 |
BVG-Rente / Jahr** | CHF 6’225 | CHF 6’225 |
Rente aus der Lebensversicherung pro Jahr infolge Krankheit*** | CHF 0 | CHF 3’000 |
Total der Rentenzahlungen / Jahr | CHF 13'575 | CHF 16'575 |
Total der Rentenzahlungen / 5 Jahre | CHF 67'875 | CHF 82'875 |
* ¼ der Vollrente gemäss Skala der AHV/IV
** angenommene BVG-IV-Rente von 40 Prozent des maximal koordinierten BVG-Lohns (d.h. CHF 24'990), davon ¼
*** 40 Prozent der vertraglich festgelegten Leistung
Annahme: Vorsorgelösung der Säule 3a (Swiss Life Protection). Der Versicherte ist 40 Jahre alt, Architekt mit Universitätsabschluss, Nichtraucher. Der Jahreslohn vor der Erwerbsunfähigkeit betrug 88’200 Franken (entspricht dem maximal versicherten Höchstjahreslohn der 1. Säule) und der Invaliditätsgrad liegt bei 40 Prozent. Die Versicherungsprämie beläuft sich auf 421.10 Franken pro Jahr. Stand 2023.
6. FAQ
Ist jemand erwerbsunfähig, kann er oder sie nicht mehr (oder nur noch teilweise) für das Erwerbseinkommen sorgen. Das Ausmass der Erwerbsunfähigkeit wird durch die IV-Stelle bestimmt.
Viele Berufsunfähigkeitsversicherungen sehen eine Prämienbefreiung im Versicherungsfall vor. Das heisst: Tritt das versicherte Ereignis ein, übernimmt die Versicherung die geschuldeten Prämien nach einer vereinbarten Wartefrist ganz oder teilweise. Die Höhe der Prämienbefreiung hängt in der Regel vom Grad der Erwerbsunfähigkeit ab.
Schliessen Sie die Erwerbsunfähigkeitsversicherung über die Säule 3a ab, können Sie den Maximalbetrag von den Steuern abziehen. Für Lebensversicherungen in der Säule 3b gilt: Den Rückkaufswert der Versicherungspolice müssen Sie während der Laufzeit als Vermögen versteuern.