Frühpensionierung in der Schweiz: Was gilt beim Vorruhestand?
Träumen Sie von einer Frühpensionierung? Dann sollten Sie sich rechtzeitig um Ihre Finanzen kümmern. Wir erklären, wie Sie sich auf den Vorruhestand vorbereiten.
11.11.2024
iStock / Jacob Ammentorp Lund
1. Was sind die finanziellen Folgen einer Frühpensionierung?
Das ordentliche Rentenalter beginnt in der Schweiz für Frauen und Männer mit 65 Jahren. Für Frauen gelten Übergangsbestimmungen bis 2028.
Schon bei einer Pensionierung mit 65 kommt es oft zu Vorsorgelücken. Wer sich früher pensionieren lassen und in den Vorruhestand gehen möchte, muss umso besser vorsorgen.
Weniger Beitragsjahre, längere Bezugsdauer
Bei einer Frühpensionierung fällt nicht nur das bisherige Einkommen weg – sie vermindert auch die Beitragsjahre in AHV und Pensionskasse. Darum ist die Rente bei einer Frühpensionierung deutlich geringer als bei einem «ordentlichen» Start in den Ruhestand.
Die AHV-Rente etwa reduziert sich um 6,8 Prozent pro Jahr, das Sie früher zu arbeiten aufhören. Und Ihr Erspartes muss bei einer Frühpensionierung länger reichen.
AHV-Beiträge sind weiter fällig
Hinzu kommt: AHV-Beiträge müssen Sie bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters weiter zahlen. Mehr dazu lesen Sie im Merkblatt der Informationsstelle AHV/IV.
Reduzierter Kürzungssatz für Frauen der Übergangsgeneration
Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969 gehören im Rahmen der Reform AHV 21 zur Übergangsgeneration. Sie profitieren von einer reduzierten Kürzung. Die Abschläge gelten lebenslang. Je niedriger das durchschnittliche Einkommen vor der Pensionierung war, desto geringer fällt die Kürzung aus.
Kürzungssätze gemäss durchschnittlichem Jahreseinkommen
Gültig ab 1.1.2025 für Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969
Vorbezug |
Bis CHF 58’800 | CHF 58’801–73’500 | ab CHF 73’501 |
---|---|---|---|
1 Jahr | 0,0 % | 2,5 % | 3,5 % |
2 Jahre | 2,0 % | 4,5 % | 6,5 % |
3 Jahre | 3,0 % | 6,5 % | 10,5 % |
Tabelle: Comparis
2. Wann sollte ich die Frühpensionierung planen?
Je früher, desto besser. Spätestens mit etwa 50 Jahren sollten Sie Ihre Vermögens- und Einkommenssituation prüfen. Vergleichen Sie die erwarteten Einnahmen (vor allem AHV-Rente und Einnahmen aus der Pensionskasse) mit den geschätzten Ausgaben im Rentenalter.
Dazu erstellen Sie am besten ein Budget für die Zeit nach der Pensionierung. Berücksichtigen Sie darin veränderte Lebenshaltungskosten, zum Beispiel:
den Wegfall des Arbeitsweges
eine kleinere Wohnung
höhere Reise- und Gesundheitskosten
Wie viel Erspartes brauche ich?
Viele unterschätzen das nötige finanzielle Polster für eine Frühpensionierung. Liegen Ihre Ausgaben nach der Pensionierung z. B. monatlich 2’000 Franken über den Einnahmen? Dann benötigen Sie bei einer Rendite (z. B. Zinsen) von einem Prozent und einer Lebenserwartung nach der Pensionierung von 20 Jahren rund 430’000 Franken extra. So viel anzusparen, ist für viele nicht realistisch.
3. Wie kann ich Vorsorgelücken schliessen?
Zwischen den geplanten Ausgaben und Einnahmen gibt es eine Vorsorgelücke? Um sie zu schliessen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten:
Einkauf in die Pensionskasse
Eine Möglichkeit zur Erhöhung des Altersguthabens sind freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse. Diese Einzahlungen dürfen Sie vom steuerbaren Einkommen abziehen. Auch auf die Erträge entfallen während der Sparphase keine Steuern.
Am besten verteilen Sie die Einzahlungen über mehrere Jahre. Die Auszahlung des Pensionskassenguthabens ist frühestens mit 58 Jahren möglich. Sie haben die Wahl zwischen einer Auszahlung als Kapital oder als Rente. Beides hat Vor- und Nachteile.
Wichtig: Frühpensionierte müssen mit einem niedrigeren Umwandlungssatz rechnen. Der Umwandlungssatz ist die Grundlage für die Berechnung Ihrer Rente aus der 2. Säule. Fragen Sie bei Ihrer Pensionskasse genau nach, mit welcher Rente Sie bei welchem Pensionseintritt rechnen können.
Säule 3a: Vorsorgen und Steuern sparen
Um Vorsorgelücken aus der AHV und Pensionskasse zu schliessen, können Sie in die Säule 3a investieren. Der Nachteil: Ein Vorbezug ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich. Der Vorteil: 3a-Gelder dürfen Sie vom steuerbaren Einkommen abziehen.
Zur privaten Vorsorge gehören auch Lebensversicherungen. Diese können Sie in der Säule 3a und der Säule 3b abschliessen.
Freier Vermögensaufbau (Säule 3b)
Alternativ oder ergänzend können Sie auch ungebundenes Vermögen aufbauen. Dazu eignen sich je nach Zinsumfeld z. B. Sparkonten, Wertschriften oder eine steuerlich vorteilhafte Einmaleinlage bei einer Versicherung.
Setzen Sie möglichst früh einen monatlichen Sparbetrag fest, zahlen Sie regelmässig ein und tasten Sie dieses Guthaben möglichst nicht an. Mit genügend Erspartem brauchen Sie für die Finanzierung der Frühpensionierung AHV, Pensionskasse oder die Auszahlung der Säule 3a nicht vorzuziehen.
4. Und wenn das Geld nicht für die Frühpensionierung reicht?
Wer nicht ausreichend für die Frühpensionierung vorgesorgt hat, muss das fehlende Einkommen ersetzen. Einige Arbeitgebende lindern finanzielle Einbussen durch Überbrückungsrenten oder Abgangsentschädigungen. Fragen Sie hier rechtzeitig nach.
Je nach Zinsumfeld können Sie allfällige Finanzlücken auch mit der Aufstockung der Hypothek füllen. Die Belehnung darf bei der Pensionierung allerdings nicht mehr als 65 Prozent und nicht mehr als ein Drittel des Einkommens als Rentnerin oder Rentner betragen.
Die Alternative: Teilpensionierung
Trotz guter Planung und grosser Disziplin ist es nicht immer möglich, den nötigen finanziellen Puffer für eine sorglose Frühpensionierung anzusparen. Eine realistischere Variante auch für mittlere Einkommen ist die Teilpensionierung. Sie kann in einem oder mehreren Schritten erfolgen.
Die Vorteile:
Auch ein halbes Einkommen reicht in der Regel aus, um die AHV-Beiträge zu zahlen.
Der teure AHV-Vorbezug ist meist unnötig, da Arbeitseinkommen und PK-Rente für den Lebensunterhalt reichen.
Teilpensionierte können ihre eigenen AHV-Beiträge senken und die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner von der Beitragspflicht entbinden.
Sie können auch früher Teilzeit arbeiten und dann über das 65. Lebensjahr hinaus berufstätig bleiben. Viele Firmen in der Schweiz fördern diese Form der Teilzeitbeschäftigung. Erkundigen Sie sich rechtzeitig bei Ihrer Arbeitsstelle und lassen Sie sich bei Fragen beraten.
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 12.04.2018