Login
Login

Was tun, wenn der Handwerker pfuscht?

Unsauber verlegte Böden oder Risse in der Wand: Leisten Handwerker schlechte Arbeit, ist das ärgerlich. Das sind Ihre Möglichkeiten bei Handwerkerpfusch.

Andreas Müller
Andreas Müller

22.08.2024

Was tun, wenn der Handwerker pfuscht

Adobe Stock / pitipat

1.Welche Vorschriften gelten?
2.Was sind meine Rechte bei Handwerkerpfusch?
3.Was tun, wenn ich Mängel entdecke?
4.Wie vermeide ich Handwerkerpfusch?

1. Welche Vorschriften gelten?

Erteilen Sie einem Handwerker einen Auftrag, schliessen Sie einen sogenannten Werkvertrag ab. Der Werkvertrag ist im Obligationenrecht in Artikel 363 geregelt.

Häufig verweist der Werkvertrag auf die SIA-Norm 118. Darin regelt der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) die «allgemeinen Bedingungen für Bauarbeiten». Enthält der Vertrag einen solchen Verweis, gilt die Norm.

2. Was sind meine Rechte bei Handwerkerpfusch?

Je nach geltenden Vorgaben (Obligationenrecht oder SIA-Norm) unterscheiden sich Ihre Rechte und Pflichten leicht. 

Handwerkerpfusch im Obligationenrecht

Das Gesetz gibt vor, dass Sie das Werk nach Fertigstellung umgehend prüfen. Stellen Sie Mängel fest, melden Sie diese sofort. Ansonsten verwirken Ihre Ansprüche gegenüber dem Handwerker. Für unbewegliche Werke wie Immobilien gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist. 

Gilt das Obligationenrecht, liegt die Beweislast bei Ihnen als Auftraggeberin oder Auftraggeber. Das heisst: Sie müssen beweisen, dass gepfuscht wurde.

Handwerkerpfusch nach SIA-Norm 118

Die SIA-Norm sieht eine zweijährige «Rügefrist» für offene Mängel vor. Sogenannte verdeckte Mängel können Sie bis zu fünf Jahre geltend machen. 

Die SIA Norm 118 hat gegenüber dem Obligationenrecht einen entscheidenden Vorteil: Sie dreht die Beweislast um. Das heisst: Der Handwerker oder die Handwerkerin muss beweisen, dass kein Mangel vorliegt.

Einen offenen Mangel entdecken Sie bei einer sorgfältigen Abnahme sofort. Ein Beispiel für einen offenen Mangel ist ein Riss in der Herdplatte

Einen verdeckten Mangel hingegen entdecken Sie auch bei einer sorgfältigen Kontrolle nicht auf den ersten Blick. Beispiel: Eine leicht undichte Wasserleitung, bei der der Wasseraustritt erst nach einiger Zeit sichtbar wird.

3. Was tun, wenn ich Mängel entdecke?

Haben Sie während der Verjährungsfrist Mängel entdeckt? Diese Möglichkeiten haben Sie, um darauf zu reagieren.

Fertigen Sie eine Liste an, in der Sie alle festgestellten Mängel und Schäden genau beschreiben. Fotos können hilfreich sein. Als Nächstes sollten Sie dem Handwerker für jeden aufgeführten Punkt eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen.

Reagiert ein Handwerker nicht auf Ihre Mängelrüge? Dann können Sie eine richterliche Ermächtigung einholen. Andere Handwerker können die Mängel dann beheben. Die teils hohen Kosten trägt dann der fehlbare Bauunternehmer. 

Wichtig ist: Nehmen Sie das Werk auf keinen Fall ab, bis die Mängel behoben sind.

Ist der Mangel nur klein? Dann ist es vielleicht sogar stressiger, einen Termin zur Nachbesserung zu vereinbaren. Hier haben Sie die Möglichkeit, den Mangel stehen zu lassen. Dafür können Sie eine Preisminderung verlangen. 

Achtung: Diesen Betrag müssen Sie gemeinsam mit dem Handwerker festlegen. Meist ist er sehr tief.

Ist der Mangel gravierend? Eventuell so sehr, dass Sie das Vertrauen in die Handwerker verloren haben? Im Extremfall verweigern Sie die Abnahme des Werkes. Der Handwerker ist dann verpflichtet, das Werk zurückzubauen. Das ist meist nicht möglich und wird deshalb kaum gemacht. 

Im Obligationenrecht (OR) wird zwischen minder erheblichen und erheblichen Mängel unterschieden. 

Werke mit minder erheblichen Schäden können Sie trotzdem noch nutzen. Beispiel: Sie beauftragen einen Sanitär, eine neue Badewanne einzubauen. Diese ist zwar korrekt installiert, hat jedoch die falsche Farbe. 

Ein erheblicher Mangel ist vorhanden, wenn Sie das Werk nicht nutzen können. Beispiel: Die Fugen rund um die Badewanne sind undicht. Sie können die Wanne also nicht nutzen. Sonst läuft Wasser in die Wand. 

Schäden sind die Folgen eines erheblichen Mangels. Beispiel: Das Wasser läuft in die Wand und es entstehen Risse im Putz.

4. Wie vermeide ich Handwerkerpfusch?

Sie suchen nach dem einfachsten Weg, um mühsame Rechtsstreitigkeiten wegen Handwerkerpfusch zu vermeiden? Dann lassen Sie ihn erst gar nicht entstehen. Comparis gibt Tipps, wie das gelingt. 

Der einfachste Weg zum richtigen Handwerksbetrieb kann ganz einfach beginnen. Fragen Sie im Familien- und Freundeskreis nach. Vielleicht hat jemand kürzlich selber eine gute Erfahrung gemacht und hat eine Empfehlung für Sie. 

Sind Sie besonders zufrieden mit Ihrem Elektriker und suchen jetzt einen Sanitär? Fragen Sie Ihnen bereits vertraute Handwerker. Diese kennen sich gut aus und wissen, wonach Sie suchen. 

Ansonsten kann auch ein Blick ins Internet hilfreich sein. Geben Sie das Unternehmen in einer Suchmaschine ein und schauen Sie, ob es Bewertungen gibt

Überprüfen Sie unbedingt vor Vertragsabschluss die Qualifikation der Handwerker. Ein professioneller Handwerker kann Ihnen mindestens ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis nachweisen. Das lässt darauf schliessen, dass er oder sie eine ausreichende Ausbildung genossen hat.

Meist sind Handwerksbetriebe Mitglied in einem Berufsverband. Diese Verbände formulieren Anforderungen, denen Betriebe gerecht werden müssen. Wer negativ auffällt, fliegt in den meisten Verbänden raus. 

Sind Sie sich noch nicht sicher, ob Sie den richtigen Handwerker gefunden haben? Dann lassen Sie sich Referenzen geben. Beispielsweise frühere Projekte oder Kunden.

Kontrollieren Sie den Fortschritt regelmässig. So können Sie Fehler frühzeitig bemängeln und sparen sowohl sich als auch dem Handwerksbetrieb viel zusätzliche Arbeit. 

Sollten Sie einen Mangel feststellen, dokumentieren und melden Sie diesen nach unserer Anleitung. 

Kennen Sie die Details bei einem Bauvorhaben nicht, sollten Sie einen Sachverständigen hinzuziehen. Er kann Ihnen helfen, die Qualität der Arbeiten besser zu beurteilen.

Sollte es zum Rechtsstreit kommen, lassen Sie sich unbedingt von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin beraten.

Jede gute Zusammenarbeit beginnt mit klarer Kommunikation. Je genauer Sie Ihre Bedürfnisse formulieren können, desto klarer ist dem Handwerker seine Aufgabe. Es ist ausserdem sinnvoll, wenn Sie sich regelmässig über den Fortschritt austauschen

Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 21.07.2014

Das könnte Sie auch interessieren

Javel und Co.: Das hilft gegen Schimmel

23.12.2022

Smart Home & Smart Living – Kosten und Funktion

07.02.2024

Mietzinsreduktion verlangen bei Mängeln: Tabelle und Tipps

08.04.2024

Airbnb: Muss mein Vermieter zustimmen?

11.05.2023