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Occasion selbst im Ausland holen: Lohnt sich der Direktimport?

In unseren Nachbarländern sind Occasionen oft günstiger als in der Schweiz. Doch zum Preis kommen Zoll, Mehrwertsteuer, viele Gebühren und einiges an Aufwand. Ob sich das lohnt, erfahren Sie hier.

16.03.2018

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Eine Person übergibt einem Käufer eines Import-Autos die Autoschlüssel.

iStock.com / hedgehog94

1.VW Golf mehr als 15 Prozent günstiger?
2.Für den Export immer zum Händler
3.Schweizer Zoll und Steuern
4.Manchmal noch mehr Abgaben
5.So kommen Sie über den Zoll
6.Zweimal zulassen, zweimal versichern
7.Technische Prüfung vor der Immatrikulation
8.Nicht einmal 1'000 Franken gespart
9.Importieren lassen statt selber importieren?
10.Und die Garantie?
11.Unter 20’000 Franken sinnlos
12.So geht nichts vergessen

In unseren Nachbarländern sind gebrauchte Autos oft günstiger zu haben als in der Schweiz. Doch zum Preis der Occasion kommen Zoll, Mehrwertsteuer und viele Gebühren hinzu. Und Zeit kostet es auch. Lohnt sich der Aufwand für einen Direktimport? Wir rechnen das für einen VW Golf aus Deutschland einmal genau durch.

Mit unserer Musterrechnung können Sie nachvollziehen, wann sich ein Import wirklich lohnt. Welche Fehler Sie vermeiden müssen. Und worauf Sie sonst noch achten müssen, damit sie beim Autoimport wirklich ein Schnäppchen machen. Das ist Einiges. Der Teufel steckt im Detail. Lassen Sie uns das an einem ganz konkreten Beispiel ansehen. 

VW Golf mehr als 15 Prozent günstiger?

Im Automarkt auf comparis.ch gefällt uns ein VW Golf 1.4 TSI aus dem Jahr 2015. Er leistet mit seinem Benzinmotor 150 PS und ist 33’000 Kilometer weit gefahren worden. Er ist nicht übertrieben luxuriös ausgestattet, hat keinen Metallic-Lack, aber ein Navi. Ein Schweizer Händler bietet ihn für 19’900 Franken. Das bewerten wir von Comparis mit der Note 5.0 – denn der Preis liegt 300 Franken besser als der Marktpreis von 20’200 Franken.  

Finden wir so einen Golf im Ausland günstiger? Für den Preisvergleich in vielen europäischen Ländern hilft die Suchmaschine Autouncle. Für Deutschland suchen wir bei autouncle.de – und finden zwei ganz ähnlich ausgestattete Autos.

Für den Export immer zum Händler

Eines der Autos steht in Stuttgart. Der Verkäufer will 16‘350 Euro haben. Autouncle findet das einen Superpreis und vergibt fünf Sterne. Gefahren ist dieser Golf sogar nur 27’000 Kilometer. Dumm nur: Der Verkäufer ist eine Privatperson. Bei Privaten kann man zwar oft günstiger kaufen, als beim Händler – aber im Export ist das ein Fehler. Denn Privatverkäufer können die Mehrwertsteuer nicht erstatten. Das geht nur beim Händler.  

Bei Seat Regensburg steht noch so ein Golf, fast identisch ausgestattet. Der kostet zwar 16’770 Euro. Auch das findet aber Autouncle noch einen Superpreis. Ohne die deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent sind das netto allerdings nur noch 14’100 Euro. Und das ist mit Schweizer Augen plötzlich sehr, sehr viel günstiger als der Privatverkauf. Bei einem Eurokurs von 1.17 Franken (Stand März 2018) sind das knapp 16’500 Franken.  

3’400 Franken günstiger als in der Schweiz. Da könnte sich ein Direktimport lohnen. Doch tut er das wirklich? Wir machen die Rechnung fertig.    

Schweizer Zoll und Steuern

Beim Import kommen auf jeden Fall die Abgaben dazu, die der Bund an der Grenze für die Einfuhr erhebt. Das sind (mindestens) diese drei:  

Automobilsteuer: Für Autos gibt es in der Schweiz eine spezielle Steuer. Bei der Einfuhr beträgt sie 4 Prozent. Für unseren Golf kostet sie 660 Franken.  

Gebühren für den Prüfungsbericht: Ohne diesen Bericht gibt es beim Strassenverkehrsamt keine Zulassung. Den Prüfungsbericht stellt der Zoll aus. Das kostet pauschal 20 Franken.

Mehrwertsteuer: Wie bei jedem Import in die Schweiz wird für Autos die Mehrwertsteuer fällig. Seit Anfang 2018 beträgt sie 7,7 Prozent. Sie kommt nicht nur auf den Nettopreis oben drauf. Sondern auch auf Automobilsteuern und Gebühren. Für unseren Golf macht das 1’322 Franken.  

In der Summe sind das rund 2’000 Franken. Nach Zöllen und Gebühren kostet unser Golf also inzwischen bereits 18’500 Franken – nur noch 1’400 Franken günstiger als die Occasion aus der Schweiz.    

Manchmal noch mehr Abgaben

Für unseren Golf war es das: Weitere Abgaben auf Bundesebene müssen wir nicht zahlen. Doch für weniger saubere Autos greift eine CO2-Abgabe. Und für Importe aus anderen Ländern wird zusätzlich Zoll fällig.  

CO2-Abgabe: Unser Golf erfüllt die Abgasvorschriften nach Euro 6 und bleibt unter dem Zielwert von 122,55 Gramm CO2 pro Kilometer. Die CO2-Abgabe beträgt daher 0 Franken. Für andere Autos können Sie die die CO2-Sanktion auf der Website vom Bundesamt für Energie berechnen.  

Zollabgaben: Bei der Einfuhr aus der EU sind Autos zollfrei. Aus allen anderen Ländern werden 12 bis 15 Franken pro 100 Kilogramm Fahrzeuggewicht fällig. Achtung: Die Herkunft aus der EU muss nachgewiesen werden. Dafür braucht es ein Formular EUR.1. Das bekommen wir bei unserem Händler.  

So kommen Sie über den Zoll

Die Ausfuhranmeldung für den deutschen Zoll lassen wir den deutschen Händler machen. Kosten: 100 Euro. Das ist es uns wert. Er kennt das elektronische System besser als wir. Und am einfachsten ist ohnehin, wenn er bis zur Erstattung der Mehrwertsteuer offiziell als Exporteur gilt. (Wir sind nur die Fahrer unseres neuen Autos.)  

An der Grenze bestätigt das deutsche Zollamt, dass wir unseren Golf tatsächlich ausgeführt haben. Nur mit diesem Nachweis bekommen wir vom Händler später die deutsche Mehrwertsteuer zurück. Dazu ist der Händler nicht gesetzlich verpflichtet. Darum lassen wir es uns im Vertrag bestätigen.  

Die Schweizer Zollanmeldung e-dec läuft ebenfalls elektronisch. Wir machen sie selber im eigenen Namen. Beide Zollanmeldungen müssen bereits vorliegen, wenn wir an der Grenze vorfahren. Beim Schweizer Zoll für den Import und für die Ausfuhr bei den Deutschen.  

Wir planen darum schon vorher genau, an welchem Grenzübergang wir in die Schweiz einreisen. Stellen sicher, dass die Zollämter auf beiden Seiten auch tatsächlich geöffnet haben. Und dass wir in genau diesem Zollamt auch mit Karte zahlen können – sonst brauchen wir viel Bargeld.  

Zweimal zulassen, zweimal versichern

Aber zurück ins bayerische Regensburg. Dort steht unser Golf beim Händler und ist noch nicht zugelassen. Damit wir ihn vom Hof fahren dürfen, brauchen wir eine deutsche Autonummer. Bei der Probefahrt ist das kein Problem – der Händler montiert uns seine Händlerschilder. Aber die leiht er uns nicht, bis wir unser neues Auto in der Schweiz immatrikuliert haben.  

Also brauchen wir für die Reise und die ersten Tage in der Schweiz selber deutsche Kennzeichen im eigenen Namen. Dafür gibt es spezielle Ausfuhrkennzeichen, umgangssprachlich auch Zollkennzeichen genannt. Die gibt es in Deutschland bei der jeweiligen Gemeinde. Unser Händler sagt uns, dass wir zur KFZ-Zulassungsstelle der Stadt Regensburg müssen.  

Damit wir diese Schilder bekommen, müssen wir eine Versicherung nachweisen. Haftpflicht muss sein. Versicherungsagenten gibt es meist neben der Zulassungsstelle. Dann rein ins Amt, dort bekommen wir die Fahrzeugpapiere und ein Dokument mit unserer Autonummer. Aber keine Schilder. Die muss man sich in Deutschland anschliessend separat machen lassen. Doch auch Schildermacher gibt es neben der Zulassungsstelle.  

Je nach Gemeinde, Versicherung und Schildermacher unterscheiden sich die Kosten. Schilder bekommen wir für circa 30 Euro. Etwa genauso viel zahlen wir in allen deutschen Gemeinden für die Zulassung. Und Haftpflicht für 30 Tage finden wir für rund 70 Euro. Mit 130 Euro haben wir unseren Golf zugelassen und können losfahren. Ohne Kasko – denn die kurzfristigen Angebote für eine Kasko-Versicherung kosten oft für nur 30 Tage bereits 500 Euro.   

In der Schweiz müssen wir das Auto dann noch einmal immatrikulieren – jetzt richtig und für immer. Das geht wie für alle Autos in der Schweiz beim Strassenverkehrsamt unseres Kantons.    

Technische Prüfung vor der Immatrikulation

Vorher müssen wir unseren Golf noch technisch prüfen lassen. Dafür braucht es diese beiden Schritte:  

Abgaswartung: Die erledigt jede autorisierte Garage in der Schweiz. Von unserem Garagisten bekommen wir das Abgas-Wartungsdokument. Für Wartung und Dokument zahlen wir 80 Franken.  

Motorfahrzeugkontrolle (MFK): Die verläuft genauso unproblematisch wie bei Schweizer Autos. Denn wir haben für unseren Golf eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Certificate of Conformity COC). Bei unserem Strassenverkehrsamt zahlen wir 60 Franken.  

Das COC ist wichtig. Ohne so ein Dokument wird möglicherweise eine Einzelprüfung nötig. Und die ist teuer. Unser Händler in Regensburg hatte das COC für unseren Golf nicht zur Hand. Er hätte es uns gegen eine Gebühr besorgt. Wir haben den günstigeren Weg gewählt und es für 40 Euro direkt bei Volkswagen Deutschland online ausstellen lassen.

Nicht einmal 1'000 Franken gespart

Bis auf die deutsche Ausfuhranmeldung haben wir alles selber gemacht, was wir selber machen können. Und ansonsten nur die Dienstleistungen eingekauft, die wir mussten. Bis zur Zulassung in der Schweiz hat das alles zusammen noch einmal knapp 460 Franken gekostet.  

Schilder und Gebühren in der Schweiz sind dabei noch nicht gerechnet. Aber die gehören auch nicht in den Vergleich. Wir müssen sie ja auch zahlen, wenn wir ein Auto aus der Schweiz neu immatrikulieren.  

Unser Golf kostet nach Steuern, Zöllen, Gebühren und den nötigsten Fremdleistungen vor der Immatrikulation inzwischen 18’960 Franken – nur noch 940 Franken günstiger als das Angebot aus der Schweiz (Preise teilweise gerundet):

Angebot Deutschland 16'500 Franken
Automobilsteuer 660 Franken
Prüfungsbericht 20 Franken
Mehrwertsteuer 1'322 Franken
Ausfuhranmeldung 100 Euro
Schilder 30 Euro
Haftpflicht 70 Euro
Zulassung 30 Euro
Abgaswartung 80 Franken
Motorfahrzeugkontrolle 60 Franken
COC (online, VW Deutschland) 40 Euro
GESAMT 18'960 Franken
Angebot Schweiz 19'900 Franken
ERSPARNIS 940 Franken

War das die Reise und den ganzen Aufwand wert? Das ist eine Frage, die sich jeder selbst beantworten muss. Aber auf jeden Fall gibt es hinterher eine Geschichte zu erzählen.

Importieren lassen statt selber importieren?

Bisher haben wir die günstigste Variante gerechnet: Sie holen das Auto selber aus dem Ausland in die Schweiz. Sie machen sich auf die Reise. Sie erledigen die komplette Bürokratie. Bei all dem können Sie sich natürlich auch helfen lassen.  

Profis gibt es für jeden einzelnen Schritt: Zolldeklaranten, wenn Sie Fehler bei der Bürokratie vermeiden wollen. Spediteure, die Ihr neues Auto auf dem Lastwagen zu Ihnen fahren. Oder den freundlichen Händler gleich hinter der Grenze, der Ihr neues Auto mit seinen Händlerschildern zu Ihnen fährt.  

Es gibt auch Full-Service-Dienstleister: Agenturen, die all diese Dienste für Sie organisieren. Doch die haben natürlich ihren Preis. Die Firma Import Butler hat einen praktischen Online-Rechner, mit dem Sie alle Leistungen sofort kalkulieren können. Dort kostet für unseren Golf das Rundum-Paket von Zollanmeldung bis MFK knapp 1‘500 Franken – und selber fahren müssen Sie immer noch. Mit Transport durch eine Spedition wird alles bequem für 1‘900 Franken erledigt. In beiden Fällen ist unser Golf dann aber leider teurer als die Occasion in der Schweiz.  

Und die Garantie?

Grundsätzlich wären die Garagisten in der Schweiz verpflichtet, auch für parallel importierte Autos Leistungen aus der Herstellergarantie zu erbringen. Bei unserem Golf mit Erstzulassung im Jahr 2015 ist die deutsche Herstellergarantie schon abgelaufen. Für die Vergleichs-Occasion aus der Schweiz aber auch. Allerdings wäre beim Schweizer Golf noch eine Garantieverlängerung möglich.  

Bei vielen Automarken sind die offiziellen Schweizer Importe von vornherein mit Garantien ausgestattet, die viel länger dauern und viel umfangreicher sind als in der EU. Im Wert lässt sich das kaum beziffern. Wenn Sie selber ein Auto importieren wollen, sollten Sie aber auf die Unterschiede bei Ihrer Wunschmarke achten.  

Unter 20’000 Franken sinnlos

Der Euro ist heute im Jahr 2018 nicht mehr so günstig wie 2015. Damals hätte sich ein Import in sehr viel mehr Fällen gelohnt. Heute hat der Preisdruck aus dem Ausland in das Angebot in der Schweiz durchgeschlagen. Die Preisdifferenz ist eher gering.  

Bei unserem 20’000-fränkigen Golf sparen wir weniger als 1’000 Franken. Ist Ihr Wunschauto im Einkauf schon im Schweizer Markt günstiger als 20’000 Franken, dann lohnt sich der Import oft gar nicht. Ganz gleich, wie viel von den Aufwänden Sie selber erledigen.  

Der Import von Jahreswagen und Neuwagen, vor allem der teureren Modelle, kann sich durchaus rechnen. Doch dann rechnet sich vielleicht auch mehr Service. Von einem spezialisierten Dienstleister für Importe. Oder bei einem Händler, der das Auto auf seine Rechnung aus dem Ausland holt.  

So geht nichts vergessen

Wenn Sie Ihr nächstes Auto selber aus dem Ausland holen wollen, dann lesen Sie unbedingt auch diese Broschüre vom TCS. Sie ist nicht mehr ganz aktuell, aber sehr gründlich. Ausserdem die offizielle Import-Seite der eidgenössischen Zollverwaltung. Dort steht noch einmal genau, welche Dokumente Sie bei sich haben müssen.