Arbeitslosengeld in der Schweiz als Ausländer – was gilt?
Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Schweiz: Das bekommen Sie als Ausländerin oder Ausländer. Comparis erklärt, was Sie beachten müssen.
14.02.2024
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1. Arbeitslosengeld in der Schweiz: Anspruch als Ausländer?
Als Ausländerin oder Ausländer haben Sie bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Unterstützung. Die ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Dafür müssen Sie mehrere Voraussetzungen erfüllen:
Anstellung von mindestens zwölf Monaten in den letzten zwei Jahren: Dadurch zahlen Sie den Mindestbetrag in die obligatorische Arbeitslosenversicherung ein.
Gültige Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung.
Sie hatten einen sogenannten «versicherten» Verdienst und waren sozialversicherungspflichtig in der Schweiz angestellt. Die Berechnung des Arbeitslosengelds erfolgt dann auf der Basis eines sogenannten «Taggelds».
Sie sind nicht mehr in der obligatorischen Schulzeit. Die obligatorische Schulzeit gilt bis zu einem Alter von 15 Jahren.
Sie haben das AHV-Alter noch nicht erreicht. Das liegt bei 65 Jahren für Männer. Bis 2028 wird das Rentenalter der Frauen von 64 schrittweise auf 65 erhöht.
Sie sind bereit, eine zu Ihrem beruflichen Profil passende Stelle anzunehmen.
Sie sind in der Lage und berechtigt, eine neue Arbeit anzunehmen.
Sie bewerben sich noch während der Kündigungsfrist auf neue Stellen. Bei einem befristeten Arbeitsvertrag fangen Sie drei Monate vor dem Ende mit der Arbeitssuche an.
Sie nehmen an Eingliederungsmassnahmen teil.
Versichert sind Verdienste zwischen 500 Franken und 12’350 Franken im Monat. Bei einem höheren Lohn wird das Einkommen über den 12’350 Franken nicht berücksichtigt.
Gut zu wissen: Bei einer erstmaligen Einreise aus Deutschland gilt ein besonderes Abkommen. Die in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten werden in der Schweiz voll angerechnet.
Arbeitslosengeld für selbstständige Ausländer
Selbstständige haben in der Schweiz keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Es gibt zwei Ausnahmen:
Sie waren in den letzten zwei Jahren mindestens zwölf Monate angestellt. Dann liegt noch die minimale Beitragszeit vor.
Sie sind bereits arbeitslos und möchten eine selbstständige Arbeit aufnehmen. Dann können Sie allenfalls für 90 Tage der Planungsphase Arbeitslosenentschädigung bekommen. Dazu müssen Sie noch folgende Kriterien erfüllen:
Sie erfüllen alle Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung.
Sie sind ohne eigenes Verschulden arbeitslos geworden.
Sie sind mindestens 20 Jahre alt.
Sie können ein Projekt zur Aufnahme einer wirtschaftlich tragfähigen und dauerhaften selbstständigen Erwerbstätigkeit vorweisen.
Für Selbstständige ist eine Erwerbsunfähigkeits-Versicherung eine sinnvolle Absicherung. Sie sichert allerdings nur bei Erwerbsunfähigkeit ab, etwa bei Krankheit und Unfall.
Arbeitslosengeld nach Abschluss des Studiums
Während des Studiums zahlen viele Studierende nicht in die Arbeitslosenversicherung ein. Wer nach dem Abschluss keinen Job findet, hat trotzdem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Voraussetzung: Sie haben mindestens zehn Jahre in der Schweiz gewohnt.
2. Wie bekomme ich Arbeitslosengeld?
Sind Sie arbeitslos geworden oder wissen, dass Sie bald arbeitslos werden? Dann melden Sie sich so schnell wie möglich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) an. Das geht persönlich oder online.
Für eine problemlose Anmeldung bringen Sie folgende Dokumente mit:
AHV-Nummer, sie steht auf Ihrer Krankenkassenkarte
amtlicher Personalausweis
Wohnsitzbescheinigung
Niederlassungsbewilligung oder Ausländerausweis
Nachweis für die Stellensuche
3. Arbeitslosengeld in der Schweiz berechnen
Im Normalfall beträgt das Taggeld 70 Prozent Ihres versicherten Lohnes. Aber: Die Höhe des Arbeitslosengelds liegt in der Schweiz bei maximal 80 Prozent Ihres vorherigen Verdienstes. Für den Maximalbetrag müssen Sie folgende Kriterien erfüllen:
Sie haben unterhaltspflichtige Kinder unter 25 Jahren.
Ihr versicherter Verdienst beträgt maximal 3’797 Franken.
Sie haben einen Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent.
Gut zu wissen: Der versicherte Verdienst wird anhand des Durchschnittswerts Ihres Gehalts der letzten sechs oder zwölf Monate berechnet.
Arbeitslosengeld: Maximalbetrag in der Schweiz
In der Schweiz erhalten Sie maximal 9’880 Franken pro Monat Arbeitslosengeld.
Maximalbetrag = maximal versichertes Gehalt × maximaler prozentualer Anteil (0,7 oder 0,8).
Arbeitslosengeld in der Schweiz: Dauer der Auszahlungen
Die Arbeitslosenentschädigung wird als sogenanntes Taggeld ausgezahlt. Das Maximum sind 520 Taggelder. Die Dauer der Auszahlungen hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Ihre Beitragszeiten
Ihr Alter
Ob Sie unterhaltspflichtige Kinder haben
Ob Sie eine Invalidenrente mit einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent bekommen
Ob Sie kurz vor dem AHV-Alter sind
Werden Sie bis zu vier Jahre vor Renteneintritt arbeitslos, haben Sie Anspruch auf zusätzliche 120 Taggelder. Das sind ungefähr 5,5 Monate. Ausnahme: Sie sind beitragsbefreit.
Verlängerung des Anspruchs auf Taggeld
Unter gewissen Voraussetzungen können Sie Ihren Anspruch auf Taggeld verlängern:
Sie werden 25 Jahre alt
Sie werden 55 Jahre alt und haben eine Beitragszeit von 22 Monaten in den letzten zwei Jahren
Sie Sind unter 25 Jahre alt und werden unterhaltspflichtig
Sie sind über 25 Jahre alt. Sie haben eine Beitragszeit von über 22 Monaten. Sie haben mindestens 40 Prozent Invalidität zugesprochen bekommen. Es müssen alle drei Punkte zutreffen.
In den Fällen können Sie auch nach Ablauf Ihrer vorherigen Rahmenfrist neues Taggeld beantragen.
Zeiten ohne Taggeld
Sie haben Ihren Job gekündigt? Dann bekommen Sie nicht sofort Arbeitslosenentschädigung. Diese Sperrfrist nennt das RAV «Einstelltage». Bei selbstverschuldeter Kündigung Ihres Jobs beträgt die Frist meist zwischen 30 und 60 Tagen.
Einstelltage bekommen Sie auch aus anderen Gründen. Beispiel: unzureichende Bemühungen bei der Jobsuche und das Nichtbefolgen von RAV-Weisungen.
Je nach Höhe Ihres vorherigen Gehalts bekommen Sie nicht direkt Ihr Taggeld. Sie müssen sogenannte «Wartetage» abwarten.
Versicherter Verdienst pro Monat in CHF | Wartetage mit unterhaltspflichtigen Kindern | Wartetage ohne unterhaltspflichtige Kinder |
---|---|---|
Bis 3’000 | 0 | 0 |
3’001 bis 5’000 | 0 | 5 |
5’001 bis 7’500 | 5 | 10 |
7’501 bis 10’416 | 5 | 15 |
ab 10’417 | 5 | 20 |
Quelle: Kanton St. Gallen
4. Arbeitslos und ausgesteuert in der Schweiz: Anspruch auf Sozialhilfe
Ausgesteuert heisst: Sie haben alle Ihnen zustehenden Taggelder bezogen und in der Zeit keine neue Arbeitsstelle gefunden. Wie weiter?
Bevor Sie Sozialhilfe beziehen, müssen Sie alle anderen Geldquellen ausschöpfen. Dazu zählen etwa Versicherungen und Verwandte – aber auch Ihre Rücklagen auf dem Konto. Dafür gibt es Freibeträge, die Sie behalten können:
Für Einzelpersonen: 4’000 Franken
Für Paare: 8’000 Franken
Für Familien: 10’000 Franken
Auch Personen mit gesichertem Aufenthaltsrecht können Sozialhilfe beantragen. Dafür brauchen Sie folgende Unterlagen:
alle Unterlagen über Ihre Bank- und Postkonten
Ihren Mietvertrag
Ihre Krankenkassenpolice
Angaben über Arbeit und Gesundheit
den Grund für Ihren Unterstützungsantrag
Anhand der Unterlagen berechnen Mitarbeitende der Sozialhilfe Ihr Budget. Das Geld deckt Ihren Grundbedarf.
Wichtig: Sie bekommen die Sozialhilfe nur, wenn Sie aktiv an der Verbesserung Ihrer Situation arbeiten. Das heisst etwa: Sie schreiben Bewerbungen und nehmen zumutbare Stellenangebote an.
5. Arbeitslosengeld Schweiz mit Aufenthaltsbewilligung: Verliere ich sie?
Der Verlust Ihrer Arbeitsstelle kann Auswirkungen auf Ihre Aufenthaltsbewilligung haben. Das hängt jedoch von Ihrer Bewilligung und Ihrer Staatsbürgerschaft ab.
Die Grenzgängerbewilligung G ist eine Arbeitsbewilligung. Sie beziehen in der Regel Arbeitslosengeld Ihres Wohnlandes. In folgenden Fällen erhalten Sie die Arbeitslosenentschädigung aus der Schweiz:
Kurzarbeit
Insolvenz der Firma
Schlechtwetter
Sie kommen nicht aus einem EU-/Efta-Land? Dann ist ihre aktuelle Bewilligung an die Arbeitsstelle gebunden. Sie erlischt mit Ende der Beschäftigung. EU-/Efta-Angehörige haben grundsätzlich das Recht, in der Schweiz zu arbeiten.
EU-/Efta-Bürger
Sie können bis zu sechs Monate nach Ende Ihrer Beschäftigung in der Schweiz bleiben. Dazu müssen Sie genug finanzielle Mittel vorweisen. Ausnahme: Sie bekommen noch Arbeitslosengeld ausgezahlt. Dann endet Ihr Aufenthaltsrecht mit Ende der Zahlungen.
Online-Meldeverfahren
Arbeiten Sie höchstens drei Monate in der Schweiz, brauchen Sie als EU-/Efta-Bürger keine Aufenthaltsbewilligung. Die Anmeldung läuft über das sogenannte Online-Meldeverfahren.
Sie können für die Stellensuche eine Kurzaufenthaltsbewilligung L beantragen. Die ist für drei Monate gültig. Sie müssen genügend finanzielle Mittel vorweisen. Sie haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe.
Drittstaaten-Bürger
Ihr Aufenthaltsrecht erlischt mit Ende der Bewilligung. Unter Umständen kann das Migrationsamt Ihnen Ihr Aufenthaltsrecht schon vorher entziehen.
EU-/Efta-Bürger
Im ersten Aufenthaltsjahr
Ihr Aufenthaltsrecht erlischt sechs Monate nach der Kündigung. Ausnahme: Sie bekommen noch Arbeitslosengeld ausgezahlt. Dann endet Ihr Aufenthaltsrecht mit Ende der Zahlungen.
Beziehen Sie Fürsorgeleistungen, kann Ihnen Ihr Aufenthaltsrecht sofort entzogen werden. Ergänzungsleistungen zählen nicht als Fürsorgeleistungen.
Nach dem ersten Aufenthaltsjahr
Sie können sich bis zu sechs Monate nach der Kündigung in der Schweiz aufhalten. Bekommen Sie Arbeitslosengeld, endet Ihr Aufenthaltsrecht mit der Aussteuerung.
Ist Ihre neue Stelle auf weniger als ein Jahr befristet? Dann kann das Migrationsamt Ihre B-Bewilligung in eine L-Bewilligung umwandeln.
Drittstaaten-Bürger
Ihre Aufenthaltsbewilligung erlischt bei Stellenverlust mit Ende der Gültigkeit. Im Einzelfall kann das Migrationsamt Ihre Bewilligung auch schon vorher entziehen.
Unter Umständen können Sie ein Gesuch auf Verlängerung des Aufenthaltsrechts stellen. Das gilt:
Für die Dauer der Arbeitslosenentschädigung.
Wenn Sie sich in einem Beschäftigungsprogramm für Arbeitslose befinden.
Sie verlieren Ihre Bewilligung nicht bei Arbeitslosigkeit. Bei Abhängigkeit von Sozialhilfe kann das Migrationsamt allenfalls Ihre Bewilligung widerrufen.
Erfüllen Sie die Integrationskriterien (Art. 58a AIG) nicht, kann das Migrationsamt Ihre Bewilligung in eine B-Bewilligung zurückstufen. Bei Arbeitslosigkeit erfüllen Sie allenfalls das Kriterium der Teilnahme am Wirtschaftsleben nicht.
Andere Regeln gelten allenfalls bei Arbeitslosigkeit durch:
Krankheit
Unfall
Invalidität
Im Rahmen des Familiennachzugs haben Sie ebenfalls ein Bleiberecht (Art. 4 Anhang I FZA).
6. Kann ich mein Schweizer Arbeitslosengeld in Deutschland beziehen?
Sie beziehen Ihr Arbeitslosengeld grundsätzlich in Ihrem Wohnland. Ausnahmen gelten bei Stellenverlust durch:
Kurzarbeit
Insolvenz der Firma
Schlechtwetter
Formulare U1 und U2
Füllen Sie die Formulare U1 und U2 aus. Das Formular U1 bescheinigt Ihnen Ihre Versicherungszeiten für das Arbeitslosengeld. Mit dem Formular U2 «exportieren» Sie sozusagen Ihren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung.
Das Formular U1 stellt Ihnen die Arbeitslosenkasse aus. Das Formular U2 bekommen Sie beim RAV. Mehr Informationen finden Sie beim Staatssekretariat für Wirtschaft.
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 02.04.2009