Nachbarschaftsstreit in der Schweiz: Was kann ich tun?
Immer wieder kommt es zu Streit mit Nachbarn. Streitpunkte sind etwa Lärm, Gartenpflege und Bauprojekte. Comparis zeigt, wie Sie am besten reagieren.
22.08.2024
iStock / ArtMarie
1. Nachbarschaftsstreit: Was tun?
Ist Ihre Nachbarin oder Ihr Nachbar zu laut? Ragt Ihr Baum auf das Nachbargrundstück? Egal, was die Gründe für den Streit mit den Nachbarn sind – grundsätzlich haben Sie diese Möglichkeiten:
Kontakt zum Nachbarn suchen | Oft lohnt sich ein klärendes Gespräch. Vielleicht wissen Ihre Nachbarn gar nicht, dass sie zu laut sind oder ein anderes Problem besteht. Meist können Sie Streitigkeiten so schnell und friedlich beilegen. |
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Meldung bei Ihrer Vermietung | Sind Sie Mieterin oder Mieter? Dann können Sie sich an Ihre Vermietung wenden. Die Vermietung muss sich darum kümmern, dass sich andere Mietende an die gesetzliche Pflicht zur Rücksichtnahme nach Art. 257f OR und an die Hausordnung halten. Bei Störungen über das Mass des Akzeptablen hinaus können Sie eine Mietzinsreduktion verlangen. Davor müssen Sie der Vermietung allerdings eine schriftliche Reklamation vorlegen. |
Meldung bei der Polizei | In einigen Fällen können Sie sich an die örtliche Polizei wenden. Dazu gehören etwa
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Wohnsituation ändern – andere Immobilie finden
Ein Streit ist geschlichtet, schon steht der nächste an? Manchmal ist ein Umzug die nervenschonendste Lösung.
2. Rechtliche Schritte einleiten
Bei anhaltenden Streitigkeiten werden möglicherweise rechtliche Schritte nötig. Bei Nachbarschaftsstreit können zahlreiche öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Gesetzestexte zur Anwendung kommen. Die folgende Tabelle zeigt Beispiele dafür, wann welches Gesetz greift.
Art der Klage | Beispiel | Kläger/Ankläger | Beklagter/Angeklagter |
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Nachbarrechtliche Klage (Art. 679 ZGB, Art. 684 ff. ZGB) | Übermässiger Lärm, Schäden durch Grabungen und Bauten | Eigentümer oder Mieter | Eigentümer des Nachbargrundstücks |
Eigentumsfreiheitsklage (Art. 641 Abs. 2 ZGB) | Direkte Eingriffe wie Deponieren von Bauschutt auf Ihrem Grundstück | Eigentümer | alle |
Klage aus Besitzesstörung (Art. 928 ZGB) | Übermässiger Lärm oder Geruch | Eigentümer oder Mieter | alle |
Mietrechtliche Klage (Art. 259a OR) | Übermässiger Lärm oder Geruch | Mieter | Vermieter |
Öffentlich-rechtliche Klage (diverse Erlasse des Bundes) | Verstoss gegen Baugesetz des Kantons | alle | alle |
Strafanzeige (StGB) | Sachbeschädigung, Diebstahl | alle | alle |
Was gilt bei Bauvorhaben und Gartengestaltung?
Unter benachbarten Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern kommt es immer wieder wegen Bauvorhaben oder unzureichender Gartenpflege zu Nachbarschaftsstreit. Hier finden Sie wichtige Bestimmungen.
Beim Bauen und Graben auf Ihrem Grundstück müssen Sie dafür sorgen, dass das Nachbargrundstück dadurch nicht beschädigt wird.
Beispiel: Baustellen am Hang sind gut abzustützen, damit kein Erdrutsch entstehen kann (Art. 685 Abs.1 ZGB).
Sind Sie mit einem Baugesuch Ihrer Nachbarin oder Ihres Nachbarn nicht einverstanden, können Sie es anfechten.
Informieren Sie sich bei Ihrer Gemeinde über Einsprachemöglichkeiten und Formalitäten.
Früchte von Ästen, die vom Nachbargrundstück auf das eigene ragen, dürfen Sie behalten (Art. 687 Abs. 2 ZGB).
Wer Hecken, Zäune, Mauern oder Sichtschutzwände errichtet, trägt die Bau- und Unterhaltskosten grundsätzlich selber.
Die einzuhaltenden Mindestabstände zum Nachbargrundstück sind je nach Kanton und Gemeinde unterschiedlich.
Wer die Grenzanlage direkt auf der Grundstücksgrenze errichtet, benötigt die Zustimmung des Nachbarn. Erteilt er diese, ist in der Regel die Anlage als gemeinsames Eigentum zu verstehen (Art. 670 ZGB). Sofern nicht anders vereinbart, sind die Unterhaltskosten dann gemeinsam zu tragen.
Wie hoch darf eine Pflanze sein – und wie nahe darf sie an die Grundstücksgrenze ragen?
Die Antwort darauf finden Sie im sogenannten Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) Ihres Kantons.
Wie hoch dürfen Gebäude insgesamt sein – und wie weit müssen sie von der Grundstücksgrenze entfernt sein?
Das erfahren Sie in den Planungs- und Baugesetzen Ihres Kantons sowie in den Bau- und Zonenordnungen Ihrer Gemeinde.
Fragen Sie im Zweifelsfall direkt bei der Gemeindeverwaltung.
Die genauen Grundstücksgrenzen finden Sie im Grundbuch. Auch neue Abmachungen sind unbedingt dort einzutragen.
Grenzverletzungen sind in der Regel nicht zulässig und müssen beseitigt werden, wenn der Nachbar dies verlangt.
Aber: In den meisten Kantonen verjähren Beseitigungsansprüche nach einer bestimmten Zeit – im Kanton Zürich etwa bereits nach fünf Jahren.
Laut Kapprecht (Art. 687 Abs. 1 ZGB) dürfen Sie Wurzeln und Äste zurückschneiden, wenn sie sich auf Ihrem Grund befinden.
Voraussetzungen: Es muss Ihnen ein Schaden entstanden sein – und Ihr Nachbar hat die Wurzeln oder Äste nicht innert einer von Ihnen angesetzten angemessenen Frist beseitigt.
Sie sind dazu verpflichtet, die Pflanze fachgerecht zurückzuschneiden, sodass sie nicht unnötig beschädigt wird. Die abgeschnittenen Äste und Wurzeln dürfen Sie behalten.
3. Nachbarschaftsstreit: Wo finde ich professionelle Hilfe?
Fachstellen helfen Ihnen, angemessen und zielführend bei Nachbarschaftsstreit vorzugehen.
Hier finden Sie professionelle Unterstützung:
Mieterinnen- und Mieterverband | Als Mieterin oder Mieter finden Sie beim Mieterinnen- und Mieterverband Unterstützung. Er bietet eine Rechtsberatung und hilft Ihnen, Ihren Anspruch auf ungestörten Gebrauch der Mietsache durchzusetzen. |
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Hauseigentümerverband Schweiz | Der Hauseigentümerverband Schweiz bietet telefonische Rechtsauskunft rund um den Bereich Wohn- und Grundeigentum. Dazu gehören Streitigkeiten mit Nachbarn. |
Mediation | Ist der Streit verfahren und kompliziert, bietet sich eine professionelle Mediation an. Ziel ist es, Vereinbarungen zu finden, die beide Konfliktparteien akzeptieren und das nachbarschaftliche Verhältnis verbessern. Ein Verzeichnis von Mediatorinnen und Mediatoren in Ihrer Region finden Sie beim Schweizerischen Dachverband Mediation SDM. |
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 01.09.2013