Medikamente: richtige Einnahme – schnelle Genesung
Auf die korrekte Medikamenteneinnahme kommt es an. Was bedeuten «Vor dem Essen», «mit dem Essen», «nach dem Essen» und warum wird diese Empfehlung überhaupt abgegeben?
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Stellen Sie sich vor: Sie schlucken jeden Tag Tabletten, aber fühlen sich nicht wesentlich besser – ein Schreckensszenario. Das kann natürlich viele Gründe haben. Ein scheinbar banaler Grund ist die falsche Medikamenteneinnahme.
Wer kennt es nicht? Man geht zum Arzt, wird untersucht und der Mediziner spricht ein paar praktische Tipps aus, wie «Bettruhe», aus. Ausserdem verschreibt er Medikamente und empfiehlt, sie morgens, mittags und abends einzunehmen. Soweit so gut, aber was heisst das genau? Wann ist morgens? Und wieso eigentlich nicht am Nachmittag?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, den Weg eines Medikaments im Körper etwas näher zu beleuchten: Schluckt man eine Tablette oder Kapsel, gelangt sie vom Mund über die Speiseröhre in den Magen und den Verdauungstrakt. Dort wird sie zersetzt. Der Wirkstoff in der Tablette gelangt dann über die Magen-Darm-Schleimhaut in die Blutbahn. Diese «Autobahn des Körpers» bringt den Wirkstoff dann an den Ort, wo er gebraucht wird.
Die Menge ist entscheidend
Damit das Medikament die gewünschte Wirkung erzielt, sollte die Menge im Blut immer gleichbleiben. Zu viel Medizin im Blut kann unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Zu wenig ist wie ein Tropfen auf den heissen Stein: Es kann nicht richtig wirken. Man wird so im schlimmsten Fall nicht nur nicht gesund, sondern es könnten sich, beispielsweise im Falle von Antibiotika, sogar gefährliche Resistenzen entwickeln. Es braucht also die optimale Dosierung. Doch wie erreicht und hält man diese?
Morgens, mittags, abends, nachts – Tabletten regelmässig einnehmen
Die Einnahmezeiten, die der Arzt empfiehlt oder vorschreibt, sind nicht willkürlich gewählt. Damit der Wirkstoff eines Arzneimittels immer optimal im Blut dosiert ist (also den sogenannten optimalen Blutspiegel hat), sollte es regelmässig dem Blut zugeführt werden. Abhängig von der eigenen Krankheitsgeschichte, der Diagnose und dem Medikament wählt der Arzt das optimale Intervall für die Einnahme des Medikaments.
Es gibt Wirkstoffe, die der Körper nur sehr langsam abbaut; bei denen genügt eine Dosis alle 24 Stunden. Nimmt man sie zu früh (also z.B. nach 12 Stunden), ist die Wirkstoffmenge im Blut erhöht und Nebenwirkungen können vermehrt auftreten. Nimmt man sie zu spät (z.B. nach 36 Stunden), ist in der Zwischenzeit zu wenig Medizin im Blut und die Therapie verzögert sich. «Einmal pro Tag» heisst also nicht einmal pro Kalendertag, sondern regelmässig alle 24 Stunden eine Dosis.
Merke: Wichtig ist die regelmässige Einnahme von Medikamenten.
Unsere Empfehlung: Sprechen Sie das Thema aktiv mit Ihrem Arzt oder Apotheker an, damit Sie wissen, wie Sie vorgehen müssen, wenn Sie Ihr Medikament vergessen.
Eine Tablette vergessen – was tun?
Dieses Problem haben wir sicher alle schon mal erlebt, doch leider gibt es keine pauschale Lösung. Es gibt verschiedene Theorien, wie z.B. die Drittel-Regel, die besagt, dass wenn weniger als ein Drittel der Zeit bis zur nächsten Einnehme vergangen ist, könne man das Medikament noch nehmen und sonst nicht. Bei zwei Einnahmen pro Tag, also einem Zwölf-Stunden-Rhythmus, könne man es also beispielsweise noch nehmen, wenn weniger als vier Stunden nach dem eigentlichen Termin vergangen sind. Aber je nach Medikament und je nach Zeitpunkt würde es Sinn machen, die Tablette oder Kapsel doch noch zu nehmen oder lieber nicht.
Vor, mit oder nach dem Essen?
Neben dem regelmässigen Zeitabstand zwischen zwei Dosen kommt es beim Einnehmen von Arzneimitteln auch auf den Zeitpunkt der Mahlzeiten an. Nicht selten geben Ärzte oder Apotheker die Anweisung, bestimmte Medikamente vor, mit oder nach dem Essen einzunehmen. Wieso überhaupt? Spielt das eigentlich eine Rolle?
Diese Anweisung oder Empfehlung kann unterschiedliche Gründe haben: Einige Medikamente enthalten aggressive Wirkstoffe, die Magen schaden könnten. Andere Medikamente wiederum enthalten sehr empfindliche Wirkstoffe, welche vor der Magensäure geschützt werden sollen. In beiden Fällen ist es besser, die Medikamente mit Nahrung einzunehmen.
Bestimmte Medikamente sollen «auf nüchternen Magen» genommen werden, also mit einem grösseren zeitlichen Abstand zur Mahlzeit. Diese Empfehlung wird vor allem dann ausgesprochen, wenn der Wirkstoff schnell über die Schleimhäute ins Blut gelangen soll oder wenn Nahrung die Aufnahme des Wirkstoffs ins Blut behindern würde. Verschiedene Wirkstoffe sind jedoch fettlöslich und werden besser aufgenommen, wenn sie mit einer fetthaltigen Mahlzeit aufgenommen werden.
Das klingt jetzt alles sehr kompliziert. Es gibt natürlich auch Medikamente, bei denen es keine Rolle spielt, ob sie mit oder ohne Nahrung aufgenommen werden. Im Zweifelsfall sollte man immer einen Arzt oder Apotheker fragen und/oder die Packungsbeilage lesen.
Die Fachpersonen geben oft Empfehlungen, die nicht unbedingt für jeden eindeutig zu verstehen sind. Wie wir gesehen haben, ist die Art der Kombination von Essen und Medikament oft sehr wichtig. Daher hier kurz die unterschiedlichen Empfehlungen und ihre Bedeutung zusammengefasst:
«Auf nüchternen Magen» heisst so viel wie auf leeren Magen. Man kann zum Beispiel das Medikament vor dem Frühstück einnehmen, da man in der Nacht in der Regel für sechs bis acht Stunden nichts isst. «Auf nüchternen Magen» heisst aber auch, dass das Medikament keinen bzw. möglichst wenig Kontakt mit Essen haben soll. Wenn man es also vor dem Frühstück einnimmt, sollte man mindestens noch eine Stunde mit dem Frühstück warten. Es gibt auch klarere Angaben, die das gleiche meinen, zum Beispiel: «Einnahme mindestens eine Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen». Dieser zeitliche Abstand zum Essen gilt auch für den Ausdruck «zwischen den Mahlzeiten».
Achtung: Auf Schweizerdeutsch kann «zwüschet em ässe» auch so viel bedeuten wie «während dem Essen». «Zwischen den Mahlzeiten» heisst jedoch, dass die Einnahme des Medikaments einen zeitlichen Abstand zur Nahrungsaufnahme hat.
«Mit dem Essen» ist da eindeutiger und bedeutet, dass Essen und Medikament zusammen im Magen eintreffen sollten. In welcher Reihenfolge spielt dabei keine Rolle.
Vor dem Essen = mind. eine Stunde vorher
Mit dem Essen = unmittelbar vor, während oder unmittelbar nachher
Nach dem Essen = mind. zwei Stunden nachher
Tipp
Wichtig auch, dass Sie Medikamente immer mit ausreichend Flüssigkeit, also z.B. einem grossen Glas Wasser, zu sich nehmen. So bleiben die Tabletten oder Kapseln nicht in der Speiseröhre stecken und können sich rasch im Magen auflösen.
Um ganz sicher zu gehen, dass Sie die Angaben des Arztes oder Apothekers richtig umsetzen, können Sie Ihren Tag planen und sich Erinnerungen im Kalender auf dem Smartphone setzen oder sich exakte Zeiten merken.